„Post-Politik“ fegt Peter Pilz aus dem Parlament

Foto des Autors

By Christoph Ulbrich

Peter Pilz fliegt aus dem Parlament. Die Delegierten am Grünen Bundeskongress wollten das so.
Keine Frage: Peter Pilz ist ein „schwieriger Charakter“, der gerne von der Parteilinie ausschert, die Grünen haben eine Verjüngung der Partei dringend notwendig. Und: Peter Pilz hat polarisiert – am meisten wohl in der eigenen Partei. So jemand kann bei einer Listenwahl schon mal durchfallen. Das eigentlich Interessante ist dabei die Person, gegen die Pilz verloren hat: Julian Schmid. Was ist besser an Julian Schmid als an Peter Pilz, fragt sich Christoph Ulbrich.


Was ist besser an Julian Schmid als an Peter Pilz?

Julian Schmid ist über 30 Jahre jünger als Peter Pilz. Das ist gut, aber keine politische Kategorie. Julian Schmid hat 22.700 Fans auf Facebook. Peter Pilz „nur“ 18.500. Aber auch das ist keine politische Kategorie. Julian Schmid hat 2.850 Follower auf Instagram. Peter Pilz gar keine. Auch keine politische Kategorie.
Julian Schmid schaut gut aus und postet permanent Selfies auf allen Social Media Kanälen. Peter Pilz tut das nicht. Aber auch das ist  keine politische Kategorie.

Immerhin: Peter Pilz hat auf Twitter – wo sich viele JournalistInnen herumtreiben – 6mal soviel Follower wie Schmid. Aber eigentlich ist auch das keine politische Kategorie.

Politisch gesehen gewinnt Pilz

Werfen wir ein Blick auf das politische Wirken der Kontrahenten. Die Homepage des Parlaments dokumentiert penibel die Legislaturperiode und zeigt die politische Arbeit der beiden gegensätzlichen Kollegen:
Julian Schmid hat seit 2013 genau 16 Anträge bzw. Anfrage eingebracht.
Peter Pilz hat im selben Zeitraum 116 Anträge gestellt. Das ist mehr als 7 mal so viel.

Gleiches gilt für die Redezeit im Parlament. Pilz hat nach Recherche von derStandard.at Standard genau 4 mal soviel beigetragen wie Schmid.

Die Suche der APA zeigt ein ähnliches Bild: 16 Presseaussendungen – die meisten davon von der Parlamentsdirektion – seit Anfang des Jahres dokumentieren die politische Arbeit von Julian Schmid. Auf 76 Presseaussendungen hat es Peter Pilz im selben Zeitraum gebracht.

Peter Pilz hat ein politisches Tagebuch auf dem er sich regelmäßig zu seiner politischen Arbeit äußert – und mitunter auch die eigene Partei kritisiert. Julian Schmid hat das nicht. Als der Ausschluss der Jungen Grünen die Partei im Frühling in eine formidable Krise stürzt, äußert sich der Grüne Jugendsprecher dazu nicht. Julian Schmid stand loyal zur Noch-Bundessprecherin Glawischnig und postet inzwischen – wie könnte es anders sein – Selfis mit Jugendgruppen, die das Parlament besichtigen.

https://www.facebook.com/julian.schmid.gruene/photos/a.271256346404908.1073741828.268855253311684/615503915313481/?type=3

 

Peter Pilz hat sich mit Leuten wie Waffen-Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouolly angelegt. Julian Schmid war nicht nur Öffi für alles, sondern findet eh alles total super (Schmids Aussage im Video das Wien super ist, weil es Arbeitsplätze gibt unterschlägt, dass Wien die höchste Arbeitlosenquote aller Bundesländer hat).

In einem Satz: Peter Pilz macht Politik. Julian Schmid macht Public-Relations in eigener Sache. Am Bundeskongress der Grünen hat das funktioniert: Julian Schmid wurde gewählt, Peter Pilz nicht. Ob es bei der Nationalratswahl – wenn nicht ein paar Grüne Delegierte, sondern 6 Millionen ÖsterreicherInnen wählen – auch so funktioniert? Das bleibt abzuwarten.

15 Gedanken zu „„Post-Politik“ fegt Peter Pilz aus dem Parlament“

    • … aber wohl nur für diejenigen langweilig, die glauben, super-lustige Selfies wären ein Ersatz für politische Arbeit und Glaubwürdigkeit.

      Antworten
      • Das kann der Junge alles noch nachholen. Denk doch mal nach, es schadet nicht. Schmid nützt die Instrumente seiner Zeit – Vielleicht sind Sie ja noch zu jung, aber ich erinnere mich an einen Pilz im Jahre 1995, wie er mit Lederjacke und Sonnenbrille um die Häuser zog… Wo ist also der Unterschied?

        Antworten
  1. Die grüne Basis ist definitiv um vieles politischer, als die 6 Mio. Wählerinnen und Wähler. Der Logik des Kommentars folgend, müsste also „PR-Profi“ Schmidt auch bei den Wahlen locker gegen Pilz gewinnen.
    Ein bisserl weniger Polemik und ein etwas mehr Analyse hätte auch diesem Kommentar nicht schlecht getan. Denn Pilz ist alles andere als frei von PR und Julian Schmitt wohl viel politischer als hier dargestellt.

    Antworten
    • Hi Frank,

      ganz einfach zu erklären ist das nicht. Das Prozedere ist grundsätzlich nicht so kompliziert. Jeder Listenplatz wird einzeln abgestimmt. Für die Listenplätze 1 und 2 gab es keine Gegenkandidaten. Ab Platz 3 gab es dann mehrere KandidatInnen. Es gibt einen ersten Wahlgang. Alle die da unter 10% haben scheiden aus. Die anderen kommen in die Stichwahl. So kam es zur Stichwahl zwischen Pilz und Schmid. Warum die Mehrheit der Delegierten gefunden hat, dass Julian Schmid eher in den Nationalrat einziehen soll als Peter Pilz – das müsste man die Delegierten fragen. Scheitert eine Kandidatin kann sie für die nachfolgenden Listenplätze kandidieren. Alev Korun hat zb den 3. Listenplatz nicht bekommen, dann aber für den 5. Listenplatz kandidiert und wurde für diesen auch gewählt.
      Peter Pilz hat sich dagegen entschieden auch zur Wahl um Listenplatz 6 oder 8 anzutreten.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar