Die Linkswende in antisemitische Stereotype – Ein Gespräch mit Tina Sanders

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By Sebastian Reinfeldt

Antisemitismus ist ein gesellschaftliches Phänomen, das auch in Österreich an Bedeutung zunimmt. 2014 wurden 255 antisemitische Vorfälle registriert. Aus Angst, als Jude erkannt zu werden, verbergen in Europa rund 40 Prozent der Jüdinnen und Juden ihre Identität. Antisemitismus auf links? Das gibt es doch gar nicht. Und wer etwas anderes behaupte, spalte oder verrate die gemeinsame Sache, so wird auf entsprechende Feststellungen reagiert. Nun ist eine Forschungsarbeit über zwei linke Gruppierungen abgeschlossen worden, die zu dem Ergebnis kommt, dass beide nicht „ohne die Bedienung antisemitischer Stereotype und Argumentationen auskommen“. Es handelt sich dabei um die RKOB und die Neue Linkswende.

Die eine Gruppe, RKOB, ist ganz offensichtlich eine politische Sekte. Die andere Gruppierung jedoch scheint ein fester Bestandteil einer jeden linken Demonstration in Wien zu sein. Die Neue Linkswende produziert unter anderem diese schwarz-gelben Plakate, auf denen so Slogans wie „Nazis raus aus dem Parlament“ oder aber „FPÖ raus, Flüchtlinge rein“! geschrieben stehen. Entstanden aus einer der unzähligen Häutungen des Trotzkismus, bietet die Linkswende eine hermetische, abgeschlossene Welterklärung an, die im Aktionismus und in den einfachen Slogans mündet. Das kann man mögen, oder auch nicht. Jedenfalls mobilisieren sie viele Menschen.

In ihrer Forschungsarbeit „„Kindermörder Israel!“ Antizionismus und Antisemitismus in sozialistischen und antiimperialistischen Gruppen in Österreich anhand der Beispiele RKOB und (Neue) Linkswende“ hat sich die linke Aktivistin und Politikwissenschaftlerin Tina Sanders mit diesen beiden Gruppierungen beschäftigt. Grund genug, mit ihr zu sprechen.


Was waren deine Beweggründe, Antisemitismus ausgerechnet von zwei linken Gruppen als Thema deiner Arbeit zu wählen?

Weil mir erscheint, dass die Losung „Nie wieder“ innerhalb der Linken zu einer Plattitüde verkommen ist. Mein jüdischer Großvater ist einer der wenigen in meiner erweiterten Familie, die die Shoah überlebt haben. Aber auch schon bevor meine Mutter es mir erzählt hatte, stand für mich außer Frage, dass Israel als Zufluchtsort für Juden* und Jüdinnen* der ganzen Welt bestehen muss und soll – und dass es ihn daher zu verteidigen gilt. Außerdem stellt er innerhalb dieses geografischen Raums die einzige Demokratie dar. Es gilt Juden* und Jüdinnen* zu schützen und das reaktionäre und wahnhafte Weltbild, das von Antisemit_innen – auch denen der „Linken“ – vertreten wird, als ein solches zu entlarven und zu bekämpfen. Denn mit Menschen, die andere diskriminieren, ist doch keine emanzipierte Gesellschaft vorstellbar.

Warum hast du dir ausgerechnet RKOB und Neue Linkswende ausgesucht?

Für die Auswahl der beiden Gruppen gibt es unterschiedliche Gründe: Über die RKOB und deren Antisemitismus weiß bereits der große Teil der Linken Bescheid, da es ihnen gegenüber gut dokumentierte Beweise dafür gibt, die allerdings noch nie in einen wissenschaftlichen Kontext eingebettet wurden. Und das wollte ich ob ihrer krass antisemitischen Äußerungen tun. Bei der Neuen Linkswende bzw. Linkswende ist es so, dass bereits seit langer Zeit in meinem Umfeld immer wieder Vorwürfe des Antisemitismus gegenüber der Gruppe laut wurden, für die es allerdings keine Belege gab. Also dachte ich mir: Dann mach ich’s einfach selbst.

Woran machst du Antisemitismus fest?

Primär würde ich allen den 3 D-Test von Natan Sharanski als auch beispielsweise die Werke von Thomas Haury und Margit Reiter als eine mögliche praktische Anleitung für die Feststellung des Antisemitismus empfehlen. Das ist auch die theoretische Grundlage, auf der meine Arbeit aufbaut.

Die 3 Ds in Natan Sharanskis Analyse stehen für Dämonisierung, Delegitimierung und Doppelstandards. Dämonisierung soll dabei ausdrücken, dass es sich um Antisemitismus handelt, wenn Israel dämonisiert wird und sein Handeln ohne jedes Maß dargestellt wird. Das führt dann sehr schnell – wie z.B. am Al-Quds-Tag zu Vergleichen der Handlungen Israels und seiner Bevölkerung mit denen der NationalsozialistInnen. Delegitimierung heißt Sharanski zufolge, dass es sich um Antisemitismus handelt, sobald Israel das Existenzrecht abgesprochen wird. Antisemitische Doppelstandards bedeuten, dass Israel stets wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen angeprangert wird, während dasselbe bezüglich anderer Staaten, in denen Menschenrechte weitaus schwerwiegender gefährdet sind, nicht getan wird. Das hat z.B. auch Karl Pfeifer in seiner Rede auf der Kundgebung von boycott antisemitism sehr schön auf den Punkt gebracht.

Thomas Haury schreibt in seinem Werk über beispielsweise die Verschmelzung von einer marxistisch-leninistischen Ideologie in der DDR, der ’struktureller Antisemitismus‘ immanent war. Das trifft sowohl damals als auch heute vor allem auf die Perspektive „Antikapitalismus, Antiimperialismus und Befreiungsnationalismus“ in linken Gruppen zu: Da wird a) auf Basis eines eschatologisch-manichäischen Weltbilds die Welt in „gut“ und „böse“ unterteilt und mit – obsolet möchte ich jetzt nicht sagen – aber, nicht mehr adäquaten weil unterkomplexen Kategorien und Termini um sich geworfen, wie z.B. der/die Kapitalist_innen, die Manager und die Bosse, b) Verschwörungstheorien gebildet, c) „gute“ und „böse“ Länder ausgemacht, wo die imperialistischen Länder USA und Israel – da wären wir wieder bei überholten Begriffen – den „guten“ befreiungsnationalistischen Bewegungen wie der palästinensischen gegenüberstehen, auf die jegliche Hoffnung auf ein revolutionäres Subjekt projiziert wird. Dass dabei rassistische Momente bedient werden, wenn in weiterer Folge davon ausgegangen wird, dass ein imaginiertes „Volk“ homogen dieselben Interessen verfolgt und ein_e Führer_in, eine Partei oder Organisation diese verkörpert, wird dabei völlig ausgeblendet.

Margit Reiter wiederum zeigt in ihrem Werk über die österreichische Linke, Israel und die Shoah auf, welche große Rolle der Opfermythos und die damit verbundene, mehr als mangelhafte Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs im postnazistischen Österreich spielen. Denn die Linke kann nicht als abgekoppelt vom Rest der Gesellschaft gesehen werden. Dies führt dann zu einem ’sekundären‘ Antisemitismus, der das Bedürfnis nach Schuldentlastung stillen soll. Dieser wird vor allem dann sichtbar, wenn Vergleiche zwischen NationalsozialistInnen und Israel gezogen werden, die Legende des ‚Ritualmords‘ durch die Betonung oder Übertreibung der Todeszahl von Kindern auf palästinensischer Seite instrumentalisiert wird, oder behauptet wird, die Juden* und Jüdinnen* hätten aus der Vergangenheit lernen sollen und „sich besser anstellen“.

Wie schätzt du jetzt die beiden Gruppierungen zusammenfassend ein?

Für beide Gruppen nimmt Antiimperialismus, „Antirassismus“ und Antikapitalismus einen großen Stellenwert ein, und weder die RKOB, die dies aber auf viel explizitere, krassere Art und Weise tut, noch die Neue Linkswende kommen ohne die Bedienung antisemitischer Stereotype und Argumentationen aus. Es sind beide als antisemitisch zu bezeichnen – aus wissenschaftlicher Perspektive, wobei die RKOB antisemitischer ist als die Neue Linkswende, die wiederum mittlerweile vor allem strukturell antisemitisch agiert.

Die Neue Linkswende ist in zahlreichen Bündnissen aktivistisch eingebunden. Kennen die BündnispartnerInnen deren Positionen? Wie wird damit umgegangen?

Teilweise denke ich nicht, dass die Bündnispartner_innen darüber informiert sind, teils schon. Es erscheint so, als würde darüber einfach nicht geredet werden – Antisemitismus ist ein Tabu, bzw. – so behaupten manche – existiere er in seiner linken und islamistischen Ausprägung nicht.

Außerdem möchte ich noch anmerken, dass sie im Rahmen ihres antirassistischen Engagements im Sommer systematisch gegen Refugees gearbeitet haben, indem sie auf den Treffen z.B. nicht Englisch reden wollten, wenn Refugees zugegen waren, sondern ihnen bloß eine Flüsterübersetzung anboten, indem sie Forderungen aus Traiskirchen nicht ins Plenum aufgenommen haben usw. Auch dadurch, dass im Sommer bei einer Kundgebung am Minoritenplatz in einem antiamerikanischen Wahn die USA alleinig für die Situation im Irak verantwortlich gemacht wurden, kann ich sie bezüglich des Respekts gegenüber Refugees nicht mehr ernst nehmen, die – in diesem Falle – unter dem Ba’ath-Regime oder dem IS gelitten haben – sprich, ich würde es nicht einmal wagen, sie als antirassistisch zu bezeichnen.

Was sind deine Handlungsempfehlungen?

Die Situation wirkt auf mich so, als wäre es unmöglich die Neue Linkswende auszuschließen – zunächst, weil es etlichen Linken schlicht und ergreifend am Willen dazu fehlt, da sie sich mit der – Neuen und alten – Linkswende solidarisieren oder ihren Antisemitismus nicht als solchen anerkennen. Andererseits mobilisiert die Neue Linkswende viele Menschen, zu Demos zu kommen, d.h. vielen Bündnispartner_innen, die sich ein breites Bündnis mit viel Zulauf wünschen, wären über das Fehlen dieser Aktivist_innen nicht erfreut.

Daher vermute ich, dass die besten Handlungsempfehlungen einerseits das kritische Aufarbeiten solcher Positionen in Form von Podiumsdiskussionen etc., andererseits das Um-sie-herum-Arbeiten darstellen würde z.B. durch die Organisation von linksradikalen Demos, auf denen solche Ansichten nicht geduldet werden und die zur selben Zeit wie Großdemos, auf denen die Neue Linkswende anwesend ist, verlaufen. Das würde allerdings zu einer Mehrbelastung von Aktivist_innen fühlen – sowohl in der Organisation als auch in der Bewerbung. Und ich möchte keiner Person zumuten, dass sie eine solche Mehrbelastung auf sich nehmen muss.

Warst du schon mal mit Vorwürfen wie „Verräterin“ oder „Spalterin“ konfrontiert? Wie gehst du damit um bzw. wie würdest du damit umgehen?

Wurde ich bereits, ja. Damals war es im Rahmen des ÖH-Wahlkampfs, da ich als Öffentlichkeitsarbeiterin als das Gesicht meiner damaligen Fraktion, des KSV-LiLi angesehen wurde und der im Laufe und seit der Spaltung immer wieder als die „antideutschen Nestbeschmutzer“ angesehen werden. Als Einzelperson direkt wird es mir allerdings vermutlich erst nach der Veröffentlichung dieses Interviews widerfahren (lacht). Es hilft, eine dicke Haut zu haben – daran arbeite ich schon seit geraumer Zeit und es wird immer besser. Andererseits hilft es ungemein, zu wissen, dass ich es in meinem Umfeld mit den liebsten und reflektiertesten Menschen zu tun habe, die hinter mir stehen und meine Ansichten teilen.

Hast du Einblick in die organisatorischen Abläufe der Neuen Linkswende?

Die Neue Linkswende ist hierarchisch organisiert, wobei drei Personen die treibenden Kräfte sind. Kommt eins neu dazu, wird eins indoktriniert, z.B. bei sogenannten „Stammtischen“, wo ein/e Lehrer/in vorne sitzt und den anderen die Welt erklärt. Das geht so lange und so weit, bis eins völlig auf Vereinslinie ist. Außerdem werden z.B. bei feministischen Belangen die eine Frau aus der Führungsebene sowie andere Frauen* in die erste Reihe von Demonstrationen gestellt, bei antirassistischen Aktionen hingegen Menschen mit einem „offensichtlichen Migrationshintergrund“. Menschen werden instrumentalisiert.

Ich danke dir sehr für das Gespräch. 

*Tina Sanders ist Politologin und Studentin der Geschichte. Sie ist an der ÖH Uni Wien und der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften und als politische Aktivistin tätig. Mit ihr gesprochen hat Sebastian Reinfeldt.

16 Gedanken zu „Die Linkswende in antisemitische Stereotype – Ein Gespräch mit Tina Sanders“

  1. Natan Scharanski? Are you serious? Hättet Ihr – lebte er noch – auch Roger Trinquier um eine objektive, wissenschaftliche Definition von Franzosenfeindlichkeit gefragt?

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  2. Die Definition richtet sich nach dem Zweck: möglichst viele als „Antisemiten“ zu definieren, was ja den Vorwurf „Nazi“ impliziert.

    Mittlerweile kursieren zumeist sechs verschiedene Definitionen, sodaß der Begriff sehr unterschiedlich verwendet wird. A. Foxman vom radikal zionistischen ADL hat für mich die „beste“ Definition.

    Bei 49 Verurteilungen in 2015 in Ö (bei 8,5 Mio.) Einwohnern, ist „Antisemitismus“/Nazi ein Bagatellproblem im Vergleich zu Rassismus (der den Likud-/Shas-Rassismus) einschließt.

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    • Ah ja? Dir ist aber schon aufgefallen, dass die Justiz bei uns grundsätzlich lax mit antisemitischen Vorfällen umgeht? 49 Verurteilungen bedeuten nicht, dass es wenig Antisemitismus in Österreich gibt, sondern dass die Justiz nur eher selten – in krassen Fällen, die sich nicht ignorieren lassen – aktiv wird. Z.B. hätte es nach den „Juden ins Gas“-Rufen auf den „Pro-Gaza“-Demos zu einer regelrechten Prozesslawine kommen müssen wenn das Thema bei uns ernst genommen würde – also konkret der Antisemittismus aus dem linken und dem islamistischen Eck…

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  3. An all jene, die Tina Sanders Aussagen bezweifeln: Ein besonders krasser Fall der Verbreitung antisemitischen bzw. holocaustverharmlosenden Gedankenguts durch die Linkswende ist ein Text, der im Juli 2014 auf der inzwischen gelöschten Linkswende-Homepage veröffentlicht wurde. Unter anderem stand dort wortwörtlich geschrieben: „Die für den Holocaust verantwortlichen Mächte [haben] sich entschieden, jemand anders (die Palästinenser_innen) für ihre Schandtaten (den Holocaust) büßen zu lassen.“ Und weiter: „Israel ist eine Todesfabrik“. Nun mag man zur israelischen Politik und Regierung stehen wie man will, Israel (oder irgendein anderes Land) als „Todesfabrik“, also als Vernichtungslager, zu bezeichnen, kommt einer krassen Verharmlosung des Holocaust gleich. Mehr noch: Der soeben zitierte Satz lässt die Interpretation zu, dass es entweder in Israel Gaskammern gibt, oder in den Vernichtungslagern keine gab. In beiden Fällen handelt es sich um eine antisemitische Lüge – eine Lüge, die wohlgemerkt auf der Linkswende-Homepage ihre Verbreitung fand. Den Holocaust bloß eine „Schandtat“ zu nennen und nicht als das, was er war, zu bezeichnen, nämlich ein singuläres Verbrechen, grenzt an Holocaustleugnung. Zudem suggeriert die Äusserung „die für den Holocaust verantwortlichen Mächte“, dass es sich bei der Vernichtung der Juden lediglich um eine Verschwörung gehandelt hatte; denn wer die „verantwortlichen Mächte“ sind, wird im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln gelassen. Abgerundet wird dieser zu Papier gebrachte abstruse Dreck mit der Bemerkung, dass sich diese „Mächte“ dazu „entschieden“ hätten, die Palästinenser für ihre Taten „büßen zu lassen“. Noch Zweifel am Antisemitismus in der Linkswende?

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    • Die Linkswende ist eine kleine Sektenabspaltung der 4.Internationale der Trotzkisten und repräsentiert diese nicht.
      Gegründet wurde Linkswende von einem jüdischen palästinenser der aktiv im Kampf gegen die britische Besatzung in einem Bündnis aus jüdischen, christlichen, Mlmuslimischen und Drusischen palästinensern.

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      • ,war. All das lag zeitlich der Gründung Israels noch voran.
        Nach dem Krieg ging Cliff nach England.
        Der radikale Antizionismus von Cliff war hauptsächlich vom trotzkismus beeinflusst, denn dieser lehnte jede nationale Ideologie, egal aus welchem Grund, ab

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  4. ist nicht die zusammenfassung aller in israel lebenden juden als homogene gemeinschaft wesentlich unterkomplexer, als die auch nicht besonders feine aufdroeselung eines antisemitistischen oder antizionistischen (was nun?) aspekts in der linkswende – die mich im speziellen weniger interessiert, als bspw eine ‚korrekte‘ form von kritik an den politischen vorgaengen im nahen osten, die nun mal israel auch nicht einfach ausblenden koennte – sodass, technisch besehen, hier eine daemonisierung vorlaege?

    der vortrag von karl pfeiffer stellt m.e. einen gespiegelten doppelstandard dar, ist aber genauso wie die dargestellte trivial-weltsicht auf demonstrationen, die so oder so in dieser zeit keine ausreichende inhaltliche bedeutung mehr transportieren koennen (ich geh dabei allerdings nicht bis ins 13. jhdt zurueck) kein wirkliches malheur. eine _vollstaendige_ und gewichtete vergleichende darstellung aller missstaende der welt in einem paper kommt eben so gut wie nie vor; dh, nur aus einem mangel an vollstaendiger evidenz darf und kann hier wissenschaftlich sauber nichts gefolgert werden, waere ein methodischer fehler, der ueber die methodische schwaeche des dritten D‘ noch hinausginge.

    verzeihn schon, aber hinter der gesamten argumentation fehlen dann doch die triftigen argumente… lg

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    • Ich habe den Kommentar freigegeben, obwohl ich mit praktisch keinem Satz darin übereinstimme. Schon vom Ansatz her – Zusammenfassung aller in Israel lebenden Juden – stimmt ja nicht. In Israel leben nicht nur Juden. Es werden nicht „Aspekte“ aufgezählt, sondern es wird gezeigt, dass sekundärer Antisemitismus vorliegt, jenseits einer Bewertung der „komplexen“ Situation im Nahen Osten. Das gibt’s kein Ausreden. Jede komplexe Situation lässt sich antisemitisch interpretieren (siehe die linke Version der Goldman Sachs Verschwörung) Das liegt nicht in den Fakten begründet, sondern im wörtlich Vor-Urteil. Usw… SR

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      • hey, vielen dank fuers freischalten. waer ja noch schoener, wenn du das nicht taetest, nur weil du den text nicht fuer richtig hieltest 😉 .. // mir geht die frage im kopf herum, wieviel energie und zeit wir uns jetzt gegenseitig abfordern, und was wir dafuer bekommen, diesen diskurs weiterzufuehren – und ob die ‚verwissenschaftlichte‘ form, die von einer travestie, also der persiflage des karikierten mit den mitteln des karikierten, ohne anstrengung kaum mehr unterscheidbar ist, in irgendeiner weise zielfuehrend ist: einerseits, um dem wissenschaftlichen charakter, auf den tina so wert legt, gerecht zu werden; andererseits, um nicht zu reproduzieren, was kritisch beaeugt wird. // erst zu deinem kommentar: voellig richtig, die ‚zusammenfassung‘ ist falsch – ich hab sie aber nicht behauptet, sondern mich darauf bezogen dass sie im text selbst geschieht, als ‚zufluchtsort‘; wenn du genauer schaust, dann wirst du auch das fragezeichen am ende des satzes sehen. // dass sekundaerer antisemitismus vorliegt, ohne ausrede, als vor-urteil: kann meiner meinung nach so nicht gezeigt werden. aussagenlogisch kommt man hier zu einer tautologie ohne erkenntnisgewinn, und damit indirekt zu einer daemonisierung der linken gruppen. das ist methodisch erreichbares rechenergebnis, und selbst ein second-order politikum, wenn man so will; also: struktureller anti-antisemitismus, der jeden trifft, weil mit dem ungenuegenden ansatz gar nicht vermeidbar, sondern erzwungen. dh weiter, ein ziel, den mangel wissenschaftlicher demut in der abhandlung aufzuzeigen, um der wissenschafterin zu helfen, waere erreichbar – aber da muss sie selbst uebernehmen, kann sich nur selbst aus ihrem dilemma rausrechnen. die arbeit ist korrekt, aber schlecht – die andere interpretation waer: boesartig. der analoge folgeschluss waer: vorurteilsbehaftet, aber im gegensatz zu ihrem inhalt ist hier _tatsaechlich ein sichtbares, konkretes phaenomen, kein konstruiertes abstraktum das auf alles zutrifft. // oder aber sparsam: mit links sein hat es nichts zu tun. praxis! hat irgendjemand ’saujude‘ gesagt? wohl kaum – das haette einen groeberen konflikt verursacht. wozu also die zirkusnummer? es tut mir leid, aber ich bleib dabei: die arbeit zeigt nichts von dem, was sie vorgibt, weil das mit diesen mitteln nicht zeigbar ist. …und lass es meinerseits damit gut sein. lg

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        • Es geht hier schon um Grundlagen. Der Ausspruch „Kann man so, kann man auch anders sehen“ – gilt nicht. Sozialwissenschaftliche Kategorien müssen begründet werden, sie sind immer eine Art Setzung. Sie dienen dazu, die Komplexität der Welt sichtbar zu machen und zugleich zu ordnen, dafür gibt es Sozialwissenschaft. Die Tautologie ist der Sozialwissenschaft daher eingeschrieben, also gibt es dort so viele Diskussion über die „richtigen“ Kategorien = die richtigen Setzungen.
          Evident ist, dass „primärer Antisemitismus“ (also der von dir angeführte Ausspruch „Saujude“ etwa) heutzutage eher selten vorkommt. Es verschiebt sich zum einen in Richtung Israel (Israel sagen, und die „Saujuden“ meinen) und zum anderen in Richtung Verschwörungstheorien, wo dann am Ende der Verschwörungskette irgendwann Goldman Sachs oder die jüdischen Freimaurer oder was auch immer stehen. Beide Figuren und die damit verbundenen Zuschreibungen sind durchaus im klassischen Antisemitismus erkennbar, vorformuliert und exekutiert worden. Von daher sind die 3Ds nicht Figuren des Antisemitismus, sie machen Antisemitismus aber möglich. Und so kann man sehr gut zwischen „normaler“ Kritik an der Regierung Israels und der Gesellschaft und antisemitischer Kritik unterscheiden. Wende sie mal an, und du wirst feststellen, sie sind trennscharf. 😉

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          • hm, ok.. danke fuer die antwort. der hinweis auf die richtigen setzungen gefaellt mir, das hilft. mit 3d bin ich leider weiter ungluecklich, hab aber nicht die energie das zu zerlegen; ich kann schon erkennen, dass mit 3d vielleicht jeder antisemitismus nachweisbar ist; was ich aber ohne zusaetzliche ‚vorschrift‘ nicht erkenne ist, wie man sich mit 3d davor schuetzen koennte, einen nicht vorhandenen antisemitismus zu erkennen, also wo tatsaechlich nur ‚israel‘ gemeint waere; also die ermittlung der ‚false positives‘. (eine vollstaendige arbeit muesste im schluss auch hinweise enthalten, wie man sich davor schuetzt.. und dort wird es natuerlich extrem teuer, schon klar).. dass das interview zusaetzlich noch die interne organisation der lw ‚aufs korn nimmt‘, die einbettung oder anreicherung mit beschreibungen, die einen zusammenhang vorspiegeln der mindestens ebenso exakt zu zeigen waere, oder sonst serioeserweise nicht anzubringen waere, spielt bei der beurteilung natuerlich auch eine rolle: der angriff waer in keinem fall durchhaltbar, wenn ich verteidigen muesste – was ich gluecklicherweise nicht muss. wozu es fuehrt kann man aber auch deutlich sehen: der vorschnellen und unbedachten oder nur vermeintlich gut bedachten verdammung der lw in den letzten tagen leisten solche schlampigen ‚analysen‘ vorschub; so setze ich das, und habs schon getan, bevor das grosse aufweichen jetzt kommt. nochmals danke, trotzdem. bissl was erwachsenes zwischendurch tut gut 😉 lg

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