Kommt das „Raiffeisen Bundesrealgymnasium“?

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Soll Werbung an Schulen ganz verboten oder jedenfalls reguliert werden? Das fragte „Mister KonsumentInnenschutz“ Peter Kolba in einem Facebookpost. Die Antworten dort waren eindeutig: Ja! Warum – und seit wann – ist die Schule zur Werbefläche geworden, erläutert Peter Kolba jetzt in einem Gastbeitrag. Er plädiert  dabei für ein Verbot von Werbung an den Volksschulen und für eine Regulierung für andere Schulen.


Schulsponsoring wie im Fußball?

In einer Woche ist Schulbeginn in Ost-Österreich. In manchen Volksschulen werden die SchülerInnen am Platz ein Werbeheft oder Sponsoren-Sackerl vorfinden. In den siebten Klassen an Gymnasien werden die Werber für die gemeinsame Matura-Reise im Unterricht erscheinen. Sie werden für Sammelbuchungen plädieren. In so manchen Turnsälen wird man zum Beispiel Plakate von Konzernen (McDonald’s, …) finden. Unter dem Jahr kommen dann Bankberater in die Schulstunde, um den Kindern zu erklären, wie ein Sparbuch funktioniert. Zufällig werden sie auch Werbematerial der Bank mit sich haben. Erraten! Über die bankeigenen Sparbücher. Was im Fußball Gang und Gäbe ist (aus dem Hanappi-Stadion wurde das Allianz Stadion): Droht uns in nicht ganz ferner Zukunft im Schulwesen das „Raiffeisen Bundesrealgymnasium“?

Werbewert liegt bisher deutlich über den Summen

Werbung an Schulen nimmt zu und hat auch einen ökonomischen Hintergrund: Die Schulen werden finanziell ausgetrocknet. Sie sollen sich aber über „Sponsoring“ etwas dazu verdienen dürfen. Für ein paar hundert Euro werden Hefte verteilt, für deren Inserate die Firmen an die Marketingfirma ein paar tausend Euro bezahlt hat. Oder eine Bank bekommt exklusiven Werbezugang für zweitausend Euro im Jahr. Ob das „gute Geschäfte“ für die Schulen sind, darf bezweifelt werden. Eher ein Almosen mit einen hohen Marketingwert.

Gesetzesänderung von 1996 öffnete die Schultore

Die Politik hat 1996 durch Änderung der Schulgesetze dieser Werbeflut Tür und Tor geöffnet. In § 46 Schulunterrichtsgesetz wurde formuliert:

In der Schule, bei Schulveranstaltungen und bei schulbezogenen Veranstaltungen darf für schulfremde Zwecke nur dann geworben werden, wenn die Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) hiedurch nicht beeinträchtigt wird.

Diese Ziele der Schule sind in § 2 Schulorganisationsgesetz geradezu poetisch formuliert:

Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.

Der Direktor entscheidet über Werbung in der Schule

In § 56 Schulunterrichtsgesetz wird die Entscheidung über solche Werbeaktionen den Direktoren zugeschoben:

Der Schulleiter ist der unmittelbare Vorgesetzte aller an der Schule tätigen Lehrer und sonstigen Bediensteten. Ihm obliegt die Leitung der Schule und die Pflege der Verbindung zwischen der Schule, den Schülern und den Erziehungsberechtigten, bei Berufsschulen auch den Lehrberechtigten. Seine Aufgaben umfassen insbesondere Schulleitung und -management, Qualitätsmanagement, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Führung und Personalentwicklung sowie Außenbeziehungen und Öffnung der Schule.

Mit Ausnahme von Tabak, Alkohol und Politik-Werbung ist heutzutage wenig verboten

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist gegen eine Reihe von besonders aggressiven Schulwerbeaktionen mit Unterlassungsklagen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorgegangen und hat richtungsweisende Urteile erzielt. Das Unterrichtsministerium hat – im Lichte der Urteile – Rundschreiben verbreitet und festgehalten, dass „die pädagogische Qualität des Unterrichtes, nicht das Erschließen von Werbegeldern, im Vordergrund aller schulischer Bemühungen steht“. Das ist eine Erinnerung, aber keine gesetzliche Regulierung. Nach wie vor sind die Direktoren die, die diese Konflikte ausbaden müssen. Ihnen gegenüber stehen professionelle Marketing-Agenturen (zum Beispiel http://www.youngenterprises.at) und Marketing-Abteilungen von Konzernen, die mit wenig Geld maximalen Werbewert anstreben.

Verbot in Volksschulen – Regulierung in höheren Schulen

Ich meine, dass die Werbeflut an Schulen reguliert werden muss:

  • Verbot der kommerziellen Werbung an Volksschulen.
  • Staatliche Marketingagentur für Werbung in Mittel- und Oberstufe mit dem Auftrag, den Direktoren – auf deren Anfrage – zur Seite zu stehen, faire Sponsoring-Verträge auszuhandeln, die die Werbung in den Schulen deutlich begrenzen und andererseits dafür einen fairen Preis verhandeln.
  • Verbot der Werbung in Schulstunden egal in welcher Schulstufe. (Was ein Girokonto und ein Sparbuch ist, sollte ein Lehrer auch selbst erklären können.)

Peter Kolba ist Autor  (Im Erscheinen: David gegen Goliath) – Jurist – Berater – Verbraucherschützer. Er kandidiert bei der Nationalratswahl 2017 auf der Liste Peter Pilz.

3 Gedanken zu „Kommt das „Raiffeisen Bundesrealgymnasium“?“

  1. „Soll Werbung an Schulen ganz verboten oder jedenfalls reguliert werden? […] Nein! “ <- Bitte nochmal kurz lesen und schauen, was man da kommunizieren wollte.

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