Wahlen in Österreich: Deutlicher Rechtsruck

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By Sebastian Reinfeldt

Dieser Wahlkampf war wirklich denkwürdig. Die vielen Intrigen und Affären hat das Publikum recht gut hinter die Kulissen der Parteien schauen lassen. Und das Ergebnis ist es auch: Laut ersten Hochrechnungen gewinnt die ÖVP die Wahl. Überraschung der Wahl ist, dass die Grünen-Abspaltung von Peter Pilz ins Parlament einzieht, und die Grünen aus dem Parlament fliegen. Und dass die SPÖ fast gleichauf mit der FPÖ liegt. Ein Bericht von Sebastian Reinfeldt.


Die ersten Hochrechnungen (wird laufend aktualisiert)

Die Zahlen im Detail: Die ÖVP erzielt etwas mehr als 31 Prozent, auf die SPÖ entfallen 27 Prozent der Stimmen und die FPÖ schneidet mit knapp 26 Prozent ab.
Die Grünen konnten sich – wegen ihrer schweren Krise – kaum im Parlament behaupten und liegen rund um 4 Prozent. Die liberalen NEOS schaffen den Wiedereinzug und erreichen etwas mehr als 5 Prozent der Stimmen. Die Liste Peter Pilz, eine Grünen-Abspaltung, erzielt etwas mehr als 4 Prozent und kommt wohl ins Parlament.
Für das grün-linke Bündnis KPÖ Plus entschieden sich voraussichtlich weniger als ein Prozent der WählerInnen und Wähler.

Damit sind folgende Koalitionsoptionen möglich:
ÖVP und FPÖ, eine Neuauflage der schwarz-blauen Koalition. SPÖ und FPÖ, eine rot-blaue Koalition. ÖVP und SPÖ, die bisherige Koalitionsvariante.

Der Wahlkampf war ausländerfeindlich

Als ob es keine anderen Probleme in Österreich gebe, war der Wahlkampf medial vom Thema Ausländer und Flüchtlinge dominiert. Das reichte von Sozialleistungen für EU-BürgerInnen bis hin zur Flüchtlingspolitik. Damit konnten der ÖVP-Kandidiat und junge Rechtspopulist Sebastian Kurz und die FPÖ ihr Themenspektrum durchsetzen. Es wurde allgemeine Geschäftsgrundlage jeder medialen politischen Diskussion. Die SPÖ hat im Verlauf der Wahlauseinandersetzung wesentliche Postionen der ÖVP und der FPÖ übernommen. So wurde der Wahlkampf von den Aussagen von drei Law-and-Order Parteien dominiert.

Der Wahlkampf war hart

Zweites prägendes Thema war die Berater-Affäre der SPÖ. Tal Silberstein wurde mit dem Ziel engagiert, eine Wahlkampagne für die SPÖ und gegen den ÖVP-Spitzekandidaten Sebastian Kurz zu lancieren.
Basierend auf Auswertungen von Fokusgruppen erstellte er nicht nur eine Wahlkampagne, sondern er betrieb auch dubiose Facebookseiten, die FPÖ-Anhänger anziehen sollten. Auf ihnen wurde dann der Gegenkandidat Kurz in schlechtem Licht dargestellt
Später erläuterte der Berater, dass er diese Facebookseiten quasi als erweiterte Fokusgruppen gesehen habe. Der Schaden für die SPÖ war natürlich enorm, weil der SPÖ-Kanzler Christian Kern Silberstein beauftragt hatte. Selbst nach der Vertragskündigung im August 2017 wurden die entsprechenden Seiten aus der SPÖ-Parteizentrale heraus weiter betrieben. Folge: Der Bundesgeschäftsführer musste zurück treten, die Wahlkampagne musste innerhalb kürzester Zeit neu ausgerichtet werden.

Tarnen und täuschen

Die konservative ÖVP ist seit mehr als 30 Jahren ununterbrochen an Regierungen in Österreich beteiligt. Die Marke schien verbraucht. Also erfand Außenminister Sebastian Kurz bei Übernahme des Parteivorsitzes eine neue Liste – sie trug seinen Namen. Kurz sprach von einer Bewegung und wählte eine neue Parteifarbe: türkis. Damit verbunden war ein knallharte rechtspopulistische Wahlkampf, sowohl thematisch als auch vom Stil her. Traditionelle Themen wie Wirtschaft und vernünftiger Interessenausgleich in der Sozialpartnerschaft wurden ersetzt durch eine Anti-Flüchtlings- und Anti-Ausländer-Rhetorik. Außerdem wurde die Provinz gegen die Hauptstadt mobilisiert.

Leidtragende: Die kleineren Parteien

Dieses Setting,in dem beinahe täglich neue Enthüllungen über den Berater-Skandal und das andauernde Thematisieren der Flüchtlinge die Agenda bestimmten, machten es für die kleineren Parteien schwer, wahr genommen zu werden. Die Grünen setzten auf Klimapolitik, die liberalen Neos auf Wirtschaft und Effizienz (!) und die Grünen-Abspaltung des Aufdeckers Peter Pilz auf Anti-Korruption. KPÖ Plus bemühte sich, das Thema Wohnen und die steigenden Wohnkosten ins Zentrum zu rücken. Schlußendlich hat keine dieser Antworten wirklich funktioniert.

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