Petition: Vier Wochen Lockdown für Wien

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By Redaktion Semiosis

Sind maximal sechs Tage Osterruhe genug, um die Infektionszahlen im Osten zu drücken? Nein. Das sagen nicht nur Expert*innen und Experten. Das finden auch Bürgerinnen und Bürger von Wien. Daher hat sich Semiosis entschieden, auch deren Stimme hörbar zu machen. Damit wir in den Medien nicht nur die Stellungnahmen mächtiger Interessensgruppen vernehmen, starten wir eine Petition. In ihr sprechen wir uns für das aus, was aus unserer Sicht jetzt sinnvoll erscheint: Eine Lockdown von vier Wochen mit dem Ziel, die Reproduktionszahl auf 0,7 zu drücken.


Offener Brief an Bürgermeister Michael Ludwig

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Michael Ludwig,

nachdem ein Oster Lockdown aufgrund der dramatisch steigenden Inzidenzen und der Auslastung der Intensiv- und Krankenhausbetten nunmehr beschlossene Sache ist, wollen wir uns direkt an Sie wenden.

Der Herbst 2020 (= eine zu späte Reaktion auf steigende Infektionszahlen) hat viel Leid über die Betroffenen gebracht. Zu viele Menschen sind aufgrund von COVID19 gestorben. Zu viele leiden bis heute an den Folgen einer schweren Errkankung. Viel zu lange wurde von der Bundespolitik zugewartet, bis die Lage eskalierte. Damals hatte Wien noch eine unterdurchschnittliche Inzidenz, im Vergleich.

Die britische Mutation ist infektiöser und gefährlicher als der Wildtyp

Nun ist Wien aber leider Infektionsvorreiter und wir beobachten alles andere als einen linearen Anstieg der Zahlen, wie es der Bundeskanzler in der Pressekonferenz vom Montag verlautbarte. In der Realität beobachten wir zwei Effekte:

Das Aussterben des bisherigen Coronavirus Wildtyps und das exponentielle Wachstum der Virusmutation B 1.1.7. Dieses Virus ist nicht nur wesentlich ansteckender (britische Studien berichten von bis zu 40% höherer Ansteckungsrate im Vergleich zum Wildtyp), sondern auch wesentlich gefährlicher, da Covid Erkrankungen wesentlich schwerer verlaufen. Britische Studien und auch die WHO sprechen auch hier von 40%-70% mehr schweren Verläufen als beim Wildtyp.

Damit ist die B 1.1.7-Welle, in der wir uns jetzt befinden, in ihrer Gefährlichkeit noch einmal größer als die zweite Welle im Herbst 2020. Schon jetzt berichten Wiener Intensivärzte von der Notwendigkeit zur Triage – ein Umstand, von dem es eigentlich erklärtes Ziel war, dass genau das verhindert wird.

Eine Reproduktionszahl von 0,7 muss das Ziel sein

Deswegen wollen wir Sie bitten, Herr Bürgermeister, erwägen Sie zusammen mit Gesundheitsstadtrat Hacker einen vierwöchigen Lockdown für Wien, der zum Ziel hat, eine effektive Reproduktionszahl von 0,7 in relativ kurzer Zeit zu erreichen. Aufgrund der uns bekannten Prognosen (siehe die Erläuterungen unten) benötigt es eine massive Senkung der Reproduktionszahl, um die gesteigerte Ansteckbarkeit von B 1.1.7 auszugleichen.

Wir müssen dabei nicht nur die Straßen, sondern auch die Büros, die Arbeitsplätze (wo dies möglich ist) und die Schulen und Universitäten leeren. Eine erfolgreiche Strategie gegen die Ausbreitung von COVID19 besteht aus drei voneinander abhängigen Schritten: Test, trace and isolate, also aus: Testen, Nachverfolgen und Isolieren. Dies kann aber nur dann funktionieren, wenn wir niedrige Fallzahlen haben. Ansonsten wird der Igel (also die COVID19-Mutation) den Wettlauf mit uns Hasen gewinnen und am Ende jedes quälenden Halb-Lockdowns triumphierend rufen: Ich bin schon hier.


Quelle: Viola Priesemann, siehe unten

Sozialdemokrat*innen opfern doch ihre Leute nicht!

Zu dem Punkt Schulen wollen wir anmerken, dass im Vergleich zu vor einem Jahr die Kinder und Jugendlichen derzeit mehr sind als die stillen Überbringer*innen des Virus, wobei sie schlimmstenfalls Spätfolgen erleiden. Jetzt erkranken auch sie, und das schwer.

Es ist viel verlangt. Wir wissen das. Aber gehen Sie voran, stellen Sie das Leben Ihrer Mitbürger*innen voran. Die Sozialdemokrat*innen opfern ihre Leute nicht, so heißt es doch!

Desto früher und umso effektiver wir jetzt zusperren, desto schneller können wir im Mai wieder richtig aufsperren. Wir sind die Serie von halberten Lockdowns Leid, die gefühlt ewig dauern und zu wenig bewirken.
In diesem Zusammenhang sind wir der Meinung, dass ein konsequenter Lockdown für die Menschen im Endeffekt psychisch weniger anstrengend ist, als in Quarantäne zu sitzen und dabei Angst vor einer dramatischen Verschlimmerung der eigenen Krankheit und einer Ansteckung geliebter Menschen haben zu müssen. “1000 Fälle” pro Tag bedeutet 1000 Menschen mehr, die in einer solchen Situation leben

Wir Wiener*innen (zumindest viele von uns) haben Ihnen bei der Wahl das Vertrauen ausgesprochen. Alle Unterzeichnenden sind jedenfalls bereit, mit Ihnen auch diesen Weg zu gehen. Auch wenn wir dabei laut motschkern werden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und mit freundlichen Grüßen,

die Unterzeichnenden

Wer dies unterstützen möchte (Danke!), kann dies auf #aufstehen.at tun.

https://mein.aufstehn.at/petitions/vier-wochen-lockdown-fur-wien


Zur Erläuterung: Warum die Reproduktionszahl von 0,7?

Bei der Reproduktionszahl 0,7 als Zielwert beziehen wir uns auf einen Vortrag von Viola Priesemann: Europe Calling “Contain COVID-19 – Der Europäische Weg raus aus den Lockdowns”, 17.01.2021 (ab Minute 37 zirka). Dort sagt die Wissenschaftlerin, wir bräuchten in einer Umgebung, die von der britischen Mutation B.117 dominiert ist, eine Reduktion von 75 Prozent der Kontakte, um die Fallzahlen runterzubringen.

Priesemann wiederum bezieht sich dabei auf eine von ihr mitverfasste Studie: Sebastian Contreras et.al: The challenges of containing SARS-CoV-2 via Test-trace-and-isolate. In: Nature Communications

sowie auf die Studie von Jan Brauner et.al: Inferring the effectiveness of government interventions against COVID-19, in: Science, 19 Feb 2021

Übrigens, zur Fabel Der Hase und der Igel: Der Hase brach nach dem 74. Lauf zusammen und starb.

2 Gedanken zu „Petition: Vier Wochen Lockdown für Wien“

  1. Wenn das alles stimmt was ich im letzten Jahr gelesen habe, kommen 60 % der Infektionen mit Corona aus dem Privatbereich. Also ist der Lock Down völlig sinnlos.
    Liesse man die Leute dort feiern wo sie unter Kontrolle wären und das mit sinnvollen
    Sperrstunden müssten die Zahlen eigentlich zurück gehen. Aber das ist in Wien wohl
    noch nicht angekommen. Unser Kanzler hat ja nichts besseres zu tun als ausgerechnet ein Interview bei der Bild Zeitung zu machen in dem er ja verkündet wie sinnlos ein Lock Dows eigentlich sei. In NÖ ‚Wien und Burgendland gibt es eine Neuauflage davon soviel zur Glaubwürdigkeit.

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  2. Fakt ist doch wirklich, dass der ganze Lock Down Topfen nicht funktioniert. Nach drei Lock Down und dem hirnlosen Testen, Testen, Testen gehen die Zahlen durch die Decke. Was macht unsere Regierung ? Lock Down Nr. 4. Die vom Non Food Handel kriegen sich vor Begeisterung nicht mehr ein. Und was bringt das ganze ?
    Nix Nix Nix. Die einzige Lösung wäre aus meiner Sicht mit der Impfung Vollgas zu geben, aber das kriegen unsere Chaoten ja auch nicht hin. Super

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