Putins Leute Österreichs

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By Sebastian Reinfeldt

Sie sitzen in Aufsichtsräten russischer Firmen. Oder aber sie üben Funktionen in fragwürdigen NGOs aus. Sie machen (mehr oder weniger) gute Geschäfte und sie lassen sich für Auftritte und Posten bezahlen. Bis zum Auffliegen des Wirecard-Skandals geben sie sich bei Veranstaltungen der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG) ein Stelldichein: Putins Leute in Österreich. Sie kommen aus verschiedenen politischen Parteien (aber nie aus der KPÖ). Für sie gehörte es zum guten Ton, öffentlich gegen Sanktionen aufzutreten, die sich gegen Russlands Elite und die Verletzungen des Völkerrechts durch Putin richten. Niemals stellten sie aber infrage, woher das Geld stammt, das sie für ihre Dienste erhalten oder das sie bei ihren Geschäften verdient haben. Dabei haben sie oftmals mit Oligarchen zu tun, gegen die die Justiz weltweit wegen krimineller finanzieller Machenschaften ermittelt oder die aus Gründen seit 2014 auf der US-Sanktionsliste stehen.


Spindelegger: Russland gehört zu Österreichs TOP 10

Österreich und Russland unterhalten im wirtschaftlichen Bereich seit jeher enge und dynamische Beziehungen. Dies zeigt sich nicht nur im hohen österreichischen Investitionsvolumen in Russland, sondern hat auch dazu geführt, dass Russland mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 6 Milliarden Euro in die „Top 10“ des österreichischen Außenhandels aufgestiegen ist.

Das Zitat stammt vom 24. April 2012. Es spricht der damalige Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). „Eine wesentliche Rolle dabei spielt der Energiesektor“, ergänzt der konservative Politiker.

Foto: BMeiA-Mahmoud. Von der APA zur kostenfreien Veröffentlichung freigegeben.

Sein russische Gesprächspartner war ein mutmaßlicher Mafia-Unterstützer

Spindeleggers damaliger Gast auf dem Foto heißt Viktor Subkow und ist bis heute ein wichtiger Mann für den Energiesektor in Russland. Zudem gehört er zum engen Putin-Zirkel. Von 2007 bis 2008 bekleidete er sogar die Funktion des russischen Ministerpräsidenten. Zur Zeit des Meetings mit dem österreichischen Außenminister sei er im Kreml für Außenhandelsfragen zuständig, schreibt das Ministerium in seiner Aussendung sichtlich stolz. Das ist eine liebe Umschreibung.

Denn im November 2015 warteten die spanischen Ermittlungsbehörden mit einer Überraschung Subkow betreffend auf. Sie werfen Spindeleggers Gast vor, enge Verbindungen zu einer Mafia-Organisation, der Tambow-Bande, zu pflegen. Seit 2016 suchen sie ihn per Haftbefehl. Bei den spanischen Ermittlungen ging es zuvorderst um den Tod des russischen Ex-Geheimdienstlers Alexander Litwinenko. Russische Agenten hatten ihn mit einem radioaktiven Gift kontaminiert und getötet – kurz bevor er in Spanien als Kronzeuge gegen diese Mafia-Gruppe aus Sankt Petersburg und gegen führende russische Persönlichkeiten aussagen wollte.

Aus den österreichischen Export-TOP 10 ist Russland übrigens längst heraus. Bei den Exporten liegt das Land nurmehr auf dem 16. Platz.

Der Schlüssel für Österreich: Geld

Doch in Wien schaute man nicht so genau hin.

Nicht nur an der Donau wird man leicht vergesslich. Auch an der Spree schauten sie gerne weg. In der deutschen Zeitung Petersburger Dialog veröffentlichte Subkow in seiner Funktion als Vorsitzender des Rates der Direktoren (= Aufsichtsrat) von Gazprom noch 2018 eine Eloge auf Nord Stream 2. Bis heute übt er übrigens unbehelligt diesen Job im weltgrößten Energiekonzern aus. Der Haftbefehl ist hier wie dort offenbar schnuppe.

Michael Spindelegger knüpfte nach seinem Ausscheiden aus der Politik weitere obskure russische Kontakte. Seit 2015 leitet er einen Verein namens Agentur für die Modernisierung der Ukraine.

Aktueller Vereinsregisterauszug der AMU

Finanziert wurde dieser Verein vom ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch, gegen den bis heute gleich zwei Haftbefehle vorliegen: einen der US-Justiz und ein weiterer (ruhender) aus Spanien. Seit 2015 sitzt er deshalb in Hietzing fest. Ausgeliefert wurde er bislang nicht. Ihm wird unter anderem Bestechung und Geldwäsche vorgeworfen. Bei seiner juristischen Verteidigung war ein ehemaliger Justizminister Österreichs aktiv: Dieter Böhmdorfer (FPÖ). Dieser ist ein Bundesbruder eines weiteren ehemaligen Justizministers, der noch in seiner Amtszeit über die Firtasch-Causa zu entscheiden hatte: Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Beide kommen sie aus der Norica Wien. Ihr Motto: Numquam incerti, semper aperti. (Niemals unsicher, immer offen.)

Zum Weiterlesen

Aus Liebe zur Ukraine: Was wurde aus der Agentur zur Modernisierung des Landes?

Warum sitzt der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch seit 2014 in Wien fest?


Für gute Geschäfte schweigen, außer …

Derzeit sind in Russland rund 500 österreichische Unternehmen tätig. Das ist nicht gerade wenig. Über die Bedingungen und die Nebenbedingungen der Geschäfte in Russland schweigen die Handelnden zumeist. Denn: Nur wer schweigt, kann auch gut verdienen. Das gilt nicht für die vielen ehemaligen österreichischen Politiker*innen, die Funktionen in russischen Konzernen innehaben oder innehatten. Zu ihrer Jobdeskription scheint es zu gehören, sprechen zu müssen. Und zwar darüber, wie schlecht die Sanktionen gegen Russland gewesen seien.

Schüssel in Sotschi: Sanktionen ein Zeichen von Schwäche

Altkanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat sich bei einem gemeinsamen Auftritt mit Präsident Wladimir Putin gegen die EU-Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. ‚Sanktionen sind immer ein Zeichen von Schwäche‘, sagte Schüssel bei einer live im Internet übertragenen Gesprächsrunde in Sotschi. ‚Es ist wichtig, diese Dinge loszuwerden.‘

https://www.heute.at/s/ex-kanzler-schussel-kritisiert-eu-sanktionen-27415779

Dieses Zitat fällt im Jahr 2014. Putin hatte die Krim besetzt. Der Vize-Kanzler Österreichs heißt zu dieser Zeit Reinhold Mitterlehner. Sein Vorgänger war Michael Spindelegger. Es ist aber Alt-Kanzler Wolfgang Schüssel, der gemeinsam mit Wladimir Putin im russischen Olympia-Ort auf einer Bühne auftritt. Dabei sagt er das, was man zu sagen hat, wenn man mit diesem im Rampenlicht stehen möchte. Putin schimpfte auf derselben Veranstaltung über die Ukraine mit fast denselben Worten, mit denen er heutzutage rechtfertigt, ukrainisches Territorium zu besetzen.

Bei dem Treffen des Valdai Clubs, das live ins Internet übertragen wird, beschuldigte Putin die USA und die EU, in der Ukraine Chaos verursacht zu haben. Die ’sogenannten‘ Sieger des Kalten Krieges wollten eine neue Weltordnung nach ihren Bedürfnissen entwerfen.

Tiroler Tageszeitung vom 24.10.2014: Ex-Kanzler Schüssel teilt sich mit Putin in Sotschi eine Bühne

Eine Widerrede Schüssels zu dieser Tirade ist nicht überliefert.

50 Firmen verdienten gut an Olympia 2014

Dass Wolfgang Schüssel hier nicht als eine böse Einzelperson agiert hat, sondern mit einem unausgesprochenen nationalen Konsens im Rücken, macht die lange Liste österreichischer Firmen deutlich, die an Olympia gut verdient haben. Der Standard berichtet im Oktober 2013:

Über 50 heimische Firmen haben an der Errichtung der Sportobjekte und der Infrastruktur mitgearbeitet und Aufträge von geschätzt 1,2 Milliarden Euro an Land gezogen. Das sind immerhin über drei Prozent des gesamten Investitionsvolumens.

Zu den Gewinnern der russischen Invesitionen zählten die Strabag (Bau des Olympischen Dorfes und von Straßen in Summe von rund 400 Millionen), Doppelmayr (Seilbahnen, über die Summe herrscht Stillschweigen), Vamed (ein Krankenhaus), die Asamer Holding (Bau von Zementfabriken), Skidata (Zutrittskontrollsysteme) und das Planungsbüro Masterconcept (regionale Entwicklung). Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang, dass an der österreichischen Firma Strabag der russische Oligarch Oleg Deripaska beteiligt ist, der seit langem auf einer schwarzen US-Sanktionensliste steht.

Schüssel bleibt Russland treu

Schüssel blieb Russland bestens verbunden. Von 2018 bis 2019 war er Aufsichtsrat des russischen Gegenstücks zu A1, dem größten Mobilfunkanbieters MTS. Im Juni 2019 wurde er Aufsichtsrat des zweitgrößten russischen Mineralölkonzerns Lukoil. Der Konzern wird vom russischen Oligarchen Vagit Alekperov kontrolliert. Auch dieser Geschäftsmann steht seit 2014 auf eben jener US-Sanktionsliste aufgrund der Ukraine-Invasion. Das für seine Person (und Deripaska) passende Kapitel lautet: Appendix B: list of oligarchs.

Wenn wir uns Schüssels Karriere in Russland anschauen, dann bleibt der Eindruck, der Ex-Kanzler wurde in den Aufsichtsräten Russlands ein wenig herumgereicht: Aus dem Aufsichtsrat von MTS schied er nämlich nach nur einem Jahr aus und wechselte im Juni 2019 ins Special Committee on compliance matters der MTS. Auch aus diesem ist er mittlerweile ausgeschieden und zu Lukoil gekommen.

Die Mehrheit der Aktien des russischen Mobiltelefonanbieters gehören Wladimir Jewtuschenkow. Er ist einer der reichsten Männer Russlands mit bestem Draht zu Putin. Von diesem wiederum führt eine witzige Verbindung zu ÖVP-Kreisen, bei der einem schon ein bisschen schwindelig werden kann. Diese Spur des Geldes aus Russland beginnt ausnahmsweise bei einer Frau: bei der schwerreichen Jelena Baturina. Denn der Mehrheitsbesitzer des Telekommunikationskonzerns MTS, bei der Ex-Kanzler Schüssel Aufsichtsrat war, ist mit Baturinas Schwester verheiratet. Man kennt sich eben im russischen Netzwerk.

Eine Spur des russischen Geldes führt (immer) nach Kitzbühel

Jene Jelena Baturina besaß einmal eine Privatstiftung in Wien und das Super-Luxus-Hotel Grand Tirolia samt Golfplatz im Tiroler Kitzbühel. Ihr unternehmerisches Abenteuer in Österreich war aber nicht von Erfolg geprägt, obwohl ja genug Russ*innen mit genug Geld den Ort Kitzbühel lieben. Das Geschäft endete dort, wo es begann: bei der ÖVP nahestehenden Kreisen. Denn beim Zustandekommen des ursprünglichen Kaufdeals wurde die schwerreiche Dame Anfang der 2000er Jahre von Christoph Ulmer (Russlandfreund und Ex-Kabinettchef des berüchtigten Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser) unterstützt. So berichtet es Der Spiegel. Nach dem Verkauf des Hotels 2018 an einen zuvor völlig unbekannten Unternehmer aus Krems an der Donau (er betreibt dort ein Einkaufszentrum) stellte sich heraus, dass hinter diesem Mann wiederum finanzstarke Investoren standen: die Industriellenfamilie Turnauer (ILAG), die mal für die FPÖ, aber mal auch für die ÖVP spendete.

Der ILAG-Aufsichtsrat ist auch illuster politisch besetzt. Dort begegnen wir wieder einem guten Bekannten. Neben Mitgliedern der Familie Habsburg sitzt dort auch Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger. Mittlerweile hat der Clan seine Anteile an eine deutsche Lebensversicherung verkauft, die das Hotel offenbar als eine lukrative Geldanlage für die Einlagen ihrer Versicherten ansieht.

Das alles sieht wie eine Serie völlig legaler Transaktionen aus. Was wir allerdings nicht wissen: Woher kam eigentlich das Geld, mit dem Baturina Anfang 2000 das Hotel gekauft hatte? Nach dem späteren Verkauf des Hotels war es jedenfalls zu 100 Prozent sauberes Geld aus Österreich geworden.

Hans Jörg Schelling bei Gazprom: Angefragt hatte ein Ex-DDR-Spion

Auch Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) heuerte bei einem russischen Großkonzern, bei Gazprom, an. Angefragt hatte ein wirklicher Ex-Spion aus der DDR. 2018 wurde der österreichische Ex-Politiker Berater für das Gazprom-Pipelineprojekt Nord Stream, an dem auch die OMV beteiligt ist, deren Eigentümervertreter er als Finanzminister zuvor war.

Beim Unterzeichnen eines OMV-Gazprom Deals 2016 darf der damalige Finanzminister Schelling zusehen

Wie gesagt, in Wien an der Donau nimmt man es nicht so genau. Denn Hans Jörg Schelling setzte seine Karriere quasi unbehelligt in einem Berufsfeld fort, das nicht außerhalb der Politik liegt und mit dem er als Finanzminister bereits entscheidend zu tun hatte. Der Kurier (!) weiß über die Anbahnung zu berichten:

Angefragt bei Schelling hatte Matthias Warnig , CEO der im Schweizer Steuerparadies Zug ansässigen Projektgesellschaft Nord Stream 2, zu hundert Prozent im Eigentum der Gazprom. Der ehemalige DDR-Spion ist der Vertraute von Wladimir Putin und mit dem russischen Präsidenten noch wesentlich enger als Gerhard Schröder.

Kurier

Karin Kneissl bei Rosneft

Das Foto mit dem Knicks der damaligen Außenministerin Karin Kneissl vor Wladimir Putin ist ikonografisch geworden. Die Inszenierung war gelungen: Für Putin, der zeigen konnte, wie freundlich seine Diktatur auftreten kann. Und für die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung, die der Großmannssucht nicht abgeneigt war. Dass die Regierungspartei FPÖ damals über einen aufrechten Vertrag mit Putins Partei verfügte, in dem sie sich zur freundlichen Behandlung russischer Interessen verpflichtet hatte, interessierte die österreichische Öffentlichkeit damals herzlich wenig. Sie tanzte im Geiste mit der Ministerin mit, die von der FPÖ nominiert war und die bis heute eine Freundin Russlands ist.

Auch die Tatsache, dass Politiker jener Partei, der FPÖ, sich auf illegalen und nicht-offiziellen Wahlbeobachtungsmissionen auf der Krim die Zeit vertrieben und um Anerkennung Putins buhlten, schadete der damaligen Regierung nicht.
Nun sitzt Kneissl im Aufsichtsrat des staatlichen russischen Energieriesen Rosneft. Es gibt für Ausländer*innen wohl kaum einen Ort in der russischen politischen Hemisphäre, wo man näher an der wirklichen Macht im Staate sitzt.
Im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft trifft Kneissl übrigens auf Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD), der dort Aufsichtsratsvorsitzender ist. Und auch Schelling-Motivator Matthias Warnig gesellt sich bei den Aufsichtsratssitzungen am großen Beratungstisch hinzu.

Vorstandsvorsitzender Igor Sechin steht seit 2014 ebenfalls auf der Sanktionsliste der USA, weil er zum allerengsten Kreis Putins gehört.

Christian Kern bei den russischen Staatsbahnen

Er kam von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Christian Kern (SPÖ) war die Zukunftshoffnung der sozialdemokratischen Partei. Er machte das Tragen von Slimfit-Anzügen zur politischen Aussage. Seht her, ich bin fit, gesund und schlank und nicht so alt und verschlabbert wie all die anderen. Was so lange gut funktionierte, bis Sebastian Kurz solche Haltungen für seinen skrupellosen Weg zur politischen Macht ausbeutete.

Während Altkanzler Kurz nach dem (vorläufigen) Ende seiner Karriere zu einem Job im reaktionären Donald Trump-Lager in den USA wechselte, nahm Kern das Angebot an, an den Aufsichtsratstreffen der Russischen Staatsbahnen RZD teilzunehmen. Bereits als Kanzler wandte er sich aus voller Überzeugung gegen die Russland-Sanktionen. In einem Interview, das er ausgerechnet dem Propagandasender Sputnik gegeben hat, führt er aus:

Wir wissen natürlich, dass diese Sanktionen für unsere Wirtschaft sehr nachteilig sind, das kostet uns fast 0,3 Prozent von unserem Bruttoinlandsprodukt – das ist schon erheblich. Vor dem Hintergrund sind wir ja der Meinung, dass wir hier eine verstärkte Zusammenarbeit aufsetzen müssen, um hier eine Zukunftsperspektive, die auf Kooperation beruht, zu entwickeln.

(Das Interview wurde von Sputnik mittlerweile aus dem Netz entfernt)

Bis vor wenigen Tagen argumentierte er ohne wirtschaftliche Gespräche im Rücken öffentlich und unverhohlen den russischen Standpunkt.

In einer Reaktion auf diese Passage unserer Darstellung meint Christian Kern Semiosis gegenüber:

Ich habe Sputnik meiner Erinnerung kein Interview gegeben. Die Zitate, die sie erwähnen, habe ich bei unterschiedlichen Gelegenheiten vorgebracht. Mag sein, dass da auch ein Sputnik-Journalist unter den Zuhörern war und diese transkripiert hat.

Um nur eines seiner Argumente dabei herauszugreifen: 24 Millionen Sowjetbürger*innen kamen während des Kriegs ums Leben. Ein unermesslicher Blutzoll. Daher stünden wir in ihrer Schuld. Allerdings bestand die Rote Armee nicht nur aus Menschen aus Russland. In ihr kämpften alle Völkern der Union, somit auch Ukrainer*innen Seite an Seite mit russischen Soldat*innen. Der Weltkrieg raffte insgesamt ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung dahin. Acht Millionen Menschen starben, darunter viele als Soldaten der Roten Armee.

Auch Christian Kern muss sich die Frage gefallen lassen, aus welchen Quellen das Geld für sein Salär gekommen ist. Dass die staatseigenen Eisenbahnen staatsnahe sind, ist ja keine neue Entwicklung. Denn der frühere starke Mann der russischen Staatsbahnen, Wladimir Jakunin, ist ein Oligarch aus dem engsten Umfeld Putins. In seinem Anwesen soll es ein eigens Haus (!) nur für dessen Pelzmäntel geben. Legendär sind auch die inner-familiären Hotel-Geschäfte (schon wieder Hotels!) des Jakunin-Clans entlang der Eisenbahnstrecken Russlands.

Christian Kern: Mein Engagement bei den russischen Staatsbahnen hatte nichts mit Jakunin zu tun

Mein Einstieg bei der Bahn hat mit Jakunin gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, dort in Ungnade gefallen. Meine Berufung in die RZD ging auf den aktuellen CEO Oleg Belozerov zurück, den ich aus verschiedenen Projekten aus meiner ÖBB Zeit kannte. Natürlich kannte ich auch Jakunin, weil wir mit dem ebenso zusammengearbeitet haben, zum Beispiel Güterverkehr China-Europa, Personaustauschprogramme etc.

Am 24. Februar, dem Tag, an dem die Invasion Russlands in die Ukraine begann, hat Christian Kern sein Aufsichtsratsmandat zurückgelegt. Zur Begründung für diesen Schritt führt er aus:

Seit heute Nacht ist die RZD tatsächlich Teil einer Kriegslogistik geworden. Ich bedauere das zutiefst.

Zum Weiterlesen

Die SPÖ in bester russischer Gesellschaft. Aus Liebe zur Macht (Update 24. Februar 2022)

Doch es sind nicht nur Geschäfte

Doch es werden nicht nur lukrative Geschäfte gemacht und gut bezahlte Posten besetzt. Eine russische Strategie war es auch, in Form von staatsnahen NGOs, die mit Geld unbekannter Herkunft ausgestattet werden in europäischen Ländern die „Völkerverständigung“ voranbringen. Oder das, was sie darunter verstehen. In Wahrheit waren diese Organisationen alle Kreml nahe. Dabei rückte in unsere Recherchen eine Organisation ins Rampenlicht, die sich mittlerweile Dialogue of Civilizations Research Institute gGmbH (DOC) nennt und seit 2021 inaktiv zu sein scheint.

Gusenbauer geht voran

In seinem Russland-Engagement hatte Kern einen bekannten Vorgänger und Förderer: 2008 erhält Alfred Gusenbauer den Preis „Dialogue of Civilizations“. Überreicht wurde die hohe Auszeichnung von Wladimir Jakunin, dem Präsidenten des damaligen World Public Forums. So steht es in der Pressemitteilung. Dieser Mann war damals indes auch der Chef der staatlichen russischen Eisenbahnen. Ihm nutzte seine Nähe zu Wladimir Putin, um seine eigene, orthodox motivierte, religiös-politische Mission zu organisieren.


2014 jedenfalls nimmt der österreichische Ex-Kanzler an einem entsprechenden Forum in Griechenland, auf der Insel Rhodos, teil. Jakunins NGO hatte das Event im großen Stil organisiert. Auf diesem Forum äußerte sich Gusenbauer auch zu den Russland-Sanktionen der EU, die kurz zuvor aufgrund der Annexion der Krim durch Russland beschlossen wurden:

Sanktionen sind kein Weg aus der Krise, sondern sie führen tiefer in die Krise.

Kultur, Politik – und viele gute Kontakte: Dialogue of Civilizations

Aufsichtsrat DOC
Der frühere Aufsichtsrat des DOC. Mit dabei: Wladimir Jakunin und Alfred Gusenbauer

Die Organisation, die solche Events durchführt, hat mittlerweile ihren Sitz in Berlin und nennt sich jetzt Dialogue of Civilizations Research Institute. Früher verfügte sie mal über ein Wiener Büro, in dem nun eine wesentlich kleinere NGO zu finden ist: Kulturen bitten zu Tisch. Relevante Aktivitäten der Kulturen-NGO sind nicht erkennbar. Bei einem Augenschein vor Ort wirkte das Büro mehr wie die Adresse einer typischen Briefkastenfirma.

Aber zurück zur großen Politik: Mitgegründet wurde das finanzstarke DOC vom ÖVP-Politiker und ehemaligen Generalsekretär des Europarates, Walter Schwimmer. Er fungiert übrigens auch als Vorsitzender des kleinen Wiener Kulturen-Vereins. Auf deren Homepage wird er als ehemaliger Generalsekretär des Europarates und aktueller Vizepräsident des Aufsichtsrates des Dialogue of Civilizations Research Institute (DOC) vorgestellt.
In der ORF-Sendung Zeit im Bild vom 22. Februar 2022 betonte Gusenbauer, der kremlnahe Thinktank, für den er gearbeitet hat, sei eine internationale Organisation, für die er seit Jahren nicht mehr tätig sei.

Nun. Auch der Kopf dieser „internationalen Organisation“, Wladimir Jakunin, steht seit 2014 auf der US-Sanktionsliste – wenn auch mit einem etwas verstümmeltem Vornamen. Seine Konten bei US-Banken sind gesperrt und er darf nicht in die Vereinigten Staaten einreisen, berichtet die Deutsche Welle.

Ausschnitt aus der US-Sanktionsliste mit Jakunins Namen

Wolfgang Schüssel im Valdai Klub: Russland ist wesentlich, um globale Probleme zu lösen

Auch ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel tritt für Kreml-NGOs auf. Zum einen für den Thinktank Dialog-Europe-Russia. Dort gehört er auch dem Board an, das für die russische Seite praktisch das Who-is-who der US-Sanktionsliste widerspiegelt.

Zum anderen nimmt Schüssel am Waldai-Klub teil. Dieses Diskussions- und Expertengremium wiederum ist Putins liebstes Kind. Sein Statement im Rahmen einer Veranstaltung dieses Clubs vom 20. Oktober 2017 ist auf Youtube nachzusehen.

(Bei Klick auf das Bild öffnet sich ein Link zum Video.)


Der Ort, wo alles zusammenlief: Die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft

Es gab mal eine Zeit und es gab diesen Ort, an dem sich Putins Leute Österreichs ungestört treffen und miteinander austauschen konnten. Das war die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft. In Verruf kam diese Organisation spätestens, als bekannt wurde, dass sie 2017 ein Treffen zwischen Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Jan Marsalek von Wirecard in Moskau organisiert hat. ZackZack hat das entsprechende Foto der beiden erstmals veröffentlicht.

Seit es kritische Nachfragen über die Mitwirkenden in den Veranstaltungen der Freundschaftsgesellschaft und auch über die Zusammensetzung des Präsidiums und des Vorstands gibt, veröffentlicht die Gesellschaft diese nur noch teilweise. Wir haben aber eine frühere Version gesichert. Diese stellen wir hier vollständig mit allen Namen online. Daraus wird ersichtlich, wie breit der gesellschaftliche Konsens in Österreich einmal war, mit Putins Russland in gutem Einvernehmen zu sein.

Das frühere Präsidium der Freundschaftsgesellschaft

Im Präsidium der Gesellschaften waren demnach vertreten:

mit Funktion

  • Dimitrij Ljubinskij (Botschafter Russlands in Österreich) – Ehrenpräsident
  • Oleg Morozov (Föderaler Rat Russlands) – Ehrenpräsident
  • Richard Schenz (Wirtschaftskammer) – Präsident
  • Christoph Matznetter (Wirtschaftskammer) – Vizepräsident
  • Florian Stermann (EMB GmbH) – Generalsekretär
  • Erich Holnsteiner (OeNB) – Finanzreferent
  • Edgar Kilian (Rechtsanwalt) – Stellvertretender Finanzreferent
  • Paul Gatternig (Hermes Treuhand) – Rechnungsprüfer
  • Alexius Göschl (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) – Rechnungsprüfer

ohne Funktion

  • Svetlana Derbicheva (Gymnasium Peter der Große)
  • Gerhard Gritzner (Strabag)
  • Gustav Gustenau (Direktion für Sicherheitspolitik)
  • Johannes Hübner (Rechtsanwalt)
  • Heinz Hufnagl (Landtagspräsident a.D.)
  • Wolfgang Knogler (Notax Holding)
  • Michael Kraus (Donau-Finanz)
  • Wolfgang Krug (ORFG Steiermark)
  • Gabriel Lansky (Rechtsanwalt)
  • Victoria Mukhina (National Rating Agency)
  • Christoph Ulmer (Gradus Proximus)

Der frühere Vorstand der Freundschaftsgesellschaft

Der Vorstand der Gesellschaft diente offenbar dazu, eine gesellschaftliche Breite zu inszenieren. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Personen in der Liste nicht alle im Rahmen der Gesellschaft wirklich aktiv waren.

  • Alissa Baumgartner (Multika Kindergarten)
  • Hubert Bertsch (Honorarkonsul)
  • Viktor Dvoryankov (Akademie der Naturwissenschaften Moskau)
  • Christian Ebner (CE Holding)
  • Josef Eltantawi (Industrial + Public Cooperation)
  • Peter Fichtenbauer (FPÖ Volksanwalt)
  • Johann Gudenus (FPÖ)
  • Maximilian Habsburg-Lothringen (Habsburg Solutions)
  • Roman Haider (FPÖ)
  • Martin Hoffmann (IPA)
  • Peter Höfinger (Vienna Insurance)
  • Ernst Huber (Wirtschaftskammer)
  • Johannes Jarolim (SPÖ)
  • Josef Kalina (Unique)
  • Barbara Kappl (FPÖ)
  • Wolfgang Katzian (GPA)
  • Josef Kirchberger (Art for Art)
  • Edith Klauser (Bundesministerium für Land-, Fort- und Wasserwirtschaft)
  • Michael Kloibmüller (WETgruppe)
  • Karlheinz Kopf (ÖVP)
  • Robert Kredig (Breitspur Planungsgesellschaft)
  • Michael Löwy (Industriellenvereinigung)
  • Harald Mahrer (WKO)
  • Johann Maier (AK Salzburg)
  • Maria Mittermair (OMV)
  • Christoph Neumayer (Industriellenvereinigung)
  • Diana Neumüller-Klein (Strabag)
  • Johannes Peterlik (BMEIA)
  • Andrej Razumovsky (Weingut Alpamanta)
  • Wolfgang Reithoffer (Außenwirtschaftsgesellschaft St. Petersburg)
  • Wilhelm Sandrisser (Bundesministerium des Inneren)
  • Stefan Schennach (SPÖ)
  • Alexander Schierhuber (Breitspur Planungsgesellschaft)
  • Christian Schiesser (SPÖ)
  • Bernhard Schober (Consulting)
  • Andrey Shibaev (Torgovyi dom)
  • Markus Stender (Rechtsanwalt)
  • Günter Stummvoll (Nr. Abg. a.D.)
  • Markus Tschank (ISP)
  • Hans Unterdorfer (Honorarkonsul)
  • Bernd Waginger (Populär Werbeagentur)
  • Oskar Wawra (Magistratsdirektion Stadt Wien a.D.)
  • Harald Wögerbauer (Österreichisch-Deutsches Länderforum)

Für alle hier Genannten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.