Die Ausschreibung der HGM-Leitungsposition in der Kritik – offener Brief

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By Redaktion Semiosis

Das Thema Heeresgeschichtliche Museum ist ein Teil der erfolgreichen Recherchegeschichte von Semiosis. Wir deckten auf, wie unter der Ägide des jetzigen – und wohl auch – des kommenden Chefs dieses Skandal-Museums ein Mitarbeiter des Museums rechtspopulistische Propaganda in Sozialen Medien und auf Wikipedia betrieben hat. NS-Devotionalien wurden unkommentiert in den Räumen des Museums präsentiert. Zu speziellen Okkasionen konnten solche auch auf Flohmärkten auf dem Gelände käuflich erworben werden. Die veröffentlichten Besucherzahlen wurden geschönt, und, und, und …

Offenbar ist das kein Skandal für das politische Österreich. Derselbe Direktor soll nämlich nun wieder in Amt und Würden kommen. Dazu gibt es einen offenen Protestbrief, den Elena Messner initiiert hat und den wir unterzeichnet haben und unterstützen. Zum Nachlesen.


OFFENER PROTESTBRIEF

Das Heeresgeschichtliche Museum muss die Leitungsposition neu ausschreiben und kann die massive Kritik am Museum und seiner bisherigen Ausrichtung nicht ignorieren!

Seit Jahren steht das Heeresgeschichtliche Museum in der Kritik. Der Rechnungshof, mehrere vom Ministerium eingesetzte Kommissionen, eine zivilgesellschaftliche Gruppe #hgmneudenken, viele HistorikerInnen und MuseologInnen und die Medien haben die Geschichtsideologie der Dauerausstellung, zahllose organisatorische Mängel, aufklärungsbedürftige Nahverhältnisse zu rechtsextremen Kreisen, das Fehlen einer klaren und zukunftsweisenden Konzeption und vieles andere mehrfach kritisiert. Große Teile der Belegschaft berichten zudem öffentlich von dramatischen Fällen von Mobbing.

Eine Berufungskommission des Militärs

Nach langen Verzögerungen wurde die Direktion des HGM 2022 endlich neu ausgeschrieben. Die fast ausschließlich aus Berufsoffizieren und Ministerialjuristen zusammengesetzte Berufungskommission hat sich in einem intransparenten Berufungsverfahren für einen Dreiervorschlag entschieden, in dem offenbar Personen bevorzugt wurden, die in einem Naheverhältnis zum Ministerium stehen.

Dies legt den Schluss nahe, dass eine dringend nötige, auf wissenschaftliche, museologische und gesellschaftliche Diskurse des 21. Jahrhunderts aufbauende Neuausrichtung des Museums offenbar verhindert werden soll. Die vielstimmige und anhaltende Kritik am Museum wird ignoriert und konstruktive Vorschläge werden nicht gehört.

Die Unterzeichnenden fordern eine Neuausschreibung und ein Berufungsverfahren, das öffentlich und unter Einbeziehung in- und ausländischer ExpertInnen stattfindet und den Weg zur grundlegenden Erneuerung des Museums öffnet.

November 2022


Gottfried Fliedl, Museologe

Heidemarie Uhl, Österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien, Mitglied der Austrian Delegation to the International Holocaust Remembrance Alliance und stv. Vorsitzende des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats des Hauses der Geschichte Österreich, stv. Vorsitzende der Militärhistorischen Denkmalkommission des BMLV

Aleida Assmann, Universität Konstanz

Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems

Florian Wenninger, Institut für Historische Sozialforschung

Verena Moritz, ehem. Mitglied zweier Kommissionen des BMfLV für die Überprüfung des

HGM, unabhängige Historikerin

Nora Sternfeld, Kuratorin und Professorin für Kunstpädagogik, Universität Hamburg

Katharina Eisch-Angus, Institut für Kulturanthropologie & Europäische Ethnologie, Institutsleiterin

Bernhard Tschofen, Univ. Prof. für Europäische Ethnologie in Zürich

Christine Haupt-Stummer, Kuratorin (section.a)

Niko Wahl, ext. Kurator u.a. für Wien Museum

Susanne Neuburger, Kunsthistorikerin, zuletzt Kuratorin im MUMOK

Beatrice Jaschke, Kuratorin (purpurkultur)

Petra Paolozzi, Ausstellungskuratorin, Innsbruck

Christa Hämmerle, Universität Wien, Institut für Geschichte

Gerhard Baumgartner, Wissenschaftlicher Leiter DÖW, Mitglied des wissenschaftlichen Beirates HGM

Georg Blaha, Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien-Krems

Dominique Trimbur, Centre de recherche français à Jérusalem

Peter Pirker, Universität Innsbruck, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats HGM

Klaus Schönberger, Professor für Kulturanthropologie, Institut für Kulturanalyse, Alpen-Adria-Universität-Klagenfurt, Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft und Volkskunde

Anja Seipenbusch, Universität für Angewandte Kunst Wien

Katharina Seibert, Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte

Herbert Posch, Universität Wien / Institut für Zeitgeschichte

Hannes Sulzenbacher, Kurator Jüdisches Museum Wien

Werner Wintersteiner, Universität Klagenfurt

Nadja Danglmaier, Universität Klagenfurt / Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung

Andreas Rudigier, Vorarlbergmuseum

Josef Mitterer, Institut für Philosophie, Universität Klagenfurt

Mario Keller, Universität Wien

Lisa Noggler-Gürtler, Museum der Völker, Schwaz

Tim Corbett, Historiker

Roswitha Muttenthaler, Kuratorin und Kustodin

Elena Messner, Kulturwissenschaftlerin, Universität Wien

Elsbeth Wallnöfer, Kulturwissenschaftlerin

Stefania Pitscheider, Frauenmuseum

Judith Goetz, Universität Innsbruck

Harald Walser, Die Grünen

Nils Olger, Künstler und Filmschaffender

Sebastian Reinfeldt, Journalist und Publizist

Felicitas Heimann-Jelinek, Kuratorin, u.a. Jüdisches Museum

Ljubomir Bratić, Philosoph und Sozialarbeiter

Karl Öllinger, Abg. z.NR a.D.

Nikola Langreiter, Kulturwissenschaftlerin


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